Bundesverband Jugend und Film

LAG LM als Landesverband NRW beim BJF

Als LAG LM sind wir politische und inhaltliche Interessenvertretung der Medienarbeit und Medienbildung in NRW. In Kooperation mit anderen Akteuren setzen wir uns für die Förderung und Weiterentwicklung medienpädagogischer Konzepte, Strukturen und Projekte ein. So sind wir unter anderem als Landesverband NRW im Bundesverband Jugend und Film e.V. tätig und führen regelmäßig Workshops zur Filmbildung durch.

BJF-Workshops 2023: Vielfalt in Film und Fernsehen – So wollen wir gezeigt werden

Im Jahr 2023 wurden drei Workshops mit unserer Kooperationspartnerin Inklusive OT Ohmstraße in Köln umgesetzt. Der erste Jugendworkshop der diesjährigen Reihe zum Thema “Vielfalt in Film und Fernsehen – So wollen wir gezeigt werden” fand in den Osterferien statt.

Acht Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen zwischen 8 und 12 Jahren meldeten sich zum Workshop an. Was sie dort erwartete, war den Teilnehmenden noch nicht ganz klar.
Nach einem kleinen Kennenlernspiel draußen auf dem Spielplatz der Inklusiven OT Ohmstraße startete die Gruppe bei einem gemeinsamen Frühstück in die Diskussion ein. Alle Teilnehmenden sprachen über den Begriff Vielfalt hielten fest, was für jeden einzelnen Vielfalt bedeutet. Nach dem Frühstück kam die Gruppe zu einem Stuhlkreis zusammen, in dessen Mitte Zettel mit Kinderrechten lagen. Jedes einzelne Kinderrecht wurde vorgelesen, besprochen und in Zusammenhang mit dem Begriff Vielfalt gebracht.
Um die Teilnehmenden mit den Materialien nicht zu überfordern, wurden auf dem Spielplatz unterschiedliche Spiele zum Thema „Diversität und Vielfalt“ gespielt. Bei einem Spiel ging es darum, sich nach bestimmten Merkmalen zu sortieren und diese Merkmale zu reflektieren. Hier kamen Themen wie „Behinderungen, Sexualität und Geschlechter“ auf.

Anschließend wurden Bilder besprochen, auf denen unterschiedliche Personen abgebildet waren, die Vielfalt und Diversität repräsentieren sollten: dick, dünn, groß, klein, eine Behinderung, unterschiedliche Religionen etc.. Diese Bilder dienten als Hilfestellung dafür, auf welche Aspekte die Teilnehmenden beim Schauen des Films achten sollten: Sind diese verschiedenen Personengruppen wiederzufinden?

Dann wurde der Film Verstehen sie die Beliers? (Éric Lartigau, Frankreich, 2014) geschaut, bei dem Popcorn, Chips und Getränke für ein bisschen Kino-Atmosphäre sorgten.

Nach dem Film wurde das Titelbild des Films auf den Boden gelegt und drumherum die Bilder, die vor dem Film besprochen wurden. Nun sollten sich alle die Bilder nehmen, von denen sie dachten, dass diese im Film repräsentiert wurden. Es stellte sich heraus, dass vieles was hätte Vielfalt repräsentieren können, nicht im Film vorkam. Die Gruppe war sichtlich erschrocken, wie einseitig der Film gestaltet wurde und kritisierte dies stark.

„Drehen wir jetzt unseren eigenen Film“? fragte einer der Teilnehmenden. „Ja!“ war die Antwort. Alle bekamen iPads mit der vorinstallierten und kostenfreien App iMovie. Nach einer Einführung in die App stand fest, dass die Trailerfunktion den Teilnehmenden am besten gefiel und sie entschieden sich für die Rubrik Adrenalin.
„Wir drehen jetzt einen Action-Film!“
Die Gruppe entwickelte eine Story, in der alle zeigen konnten, was sie gerne machen und worin sie besonders gut sind. Die Premiere des Trailers zu ihrem Action-Film „Die große Gruppe“ fand auf dem Fernseher des Chillraums statt.
Nach einer ausgiebigen Reflexionsrunde teilten alle Teilnehmenden mit, einen solchen Workshop noch einmal besuchen zu wollen. Außerdem sagten sie, dass sie nach den Ferien weitere Teile des Filmes „Die große Gruppe“ drehen möchten.

In den Sommerferien ging es weiter

Am 24. Juli fand der nächste aufregende Workshop zum Thema “Vielfalt in Film und Fernsehen” in der Inklusiven OT Ohmstraße statt. Dieses Mal richtete er sich an alle interessierten Jugendlichen ab 12 Jahren mit und ohne Behinderungen.

Um auf die Thematik „Vielfalt in Film und Fernseher“ näher eingehen zu können, wurden mit den Jugendlichen Diskriminierungskategorien besprochen. „Was für Diskriminierungskategorien kennt ihr?“, lautete die erste Frage. Die Jugendlichen schrieben nach und nach Diskriminierungsmerkmale auf ein großes Plakat, welches in der Mitte des Tisches lag, und sprachen über persönliche Erfahrungen, die sie in ihrem Leben gemacht hatten. Nach einer Pause wurde der Film Love, Simon (Greg Berlanti, Vereinigte Staaten, 2018) im Saal der Inklusiven OT Ohmstraße geschaut.

Auf einem Tisch liegt ein Plakat. Man sieht Hände, die darauf verschiedene Diskriminierungskategorien aufschreiben und mit Smiley-Stickern bewerten.

Die Teilnehmenden machten es sich mit Snacks vor dem Beamer gemütlich und schauten den Film. Während des Films riefen die Teilnehmenden Bemerkungen in den Saal, die ihre aktuelle Stimmungslage zu dem Geschehenen im Film widerspiegelten. „Der Film war eine 10/10“, sagte Chayenne und alle anderen stimmten ihr zu.

Love, Simon hat die Teilnehmenden sowohl beeindruckt als auch nachdenklich gemacht. Sie hatten nicht nur eine spannende Zeit beim Anschauen des Films, sondern im Anschluss auch eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Vielfalt in der Filmindustrie und der Gesellschaft insgesamt.

Die Diskussion nach dem Film war lang und intensiv, sodass die Gruppe nicht dazu kam, einen eigenen Filmtrailer zu drehen. Einige Teilnehmende äußerten ihre Freude darüber, wie der Film zu Ende ging und sich alles zum Guten drehte. Andere waren jedoch nach wie vor schockiert darüber, wie oft generell in Filmen wichtige Aspekte von Diversität und Inklusion ignoriert oder nur oberflächlich behandelt werden.
Der Workshop zeigte den Jugendlichen, wie wichtig es ist, Vielfalt in der Gesellschaft darzustellen. Sie hatten nicht nur viel Spaß beim Erarbeiten der Thematik, sondern konnten auch ihre eigenen Erfahrungen mit den anderen Teilnehmenden teilen.

Abschluss der Workshopreihe 2023 in den Herbstferien

In der diesjährigen Ferienfreizeit der Inklusiven OT Ohmstraße wurde der für 2023 letzte BJF-Workshop durchgeführt. Teilgenommen an dem Workshop haben 8 Jugendliche und junge Erwachsene mit und ohne Behinderungen zwischen 15 und 21 Jahren. Für diesen Workshop wurde anders als bisher ein Kinobesuch eingeplant. Die Auswahl des Filmes fiel auf Wochenendrebellen (Marc Rothemund, Deutschland, 2023). Die Workshopteilnehmenden wussten im Vorfeld nicht, welcher Film geschaut wird und wurden erst vor der Vorstellung über den Titel des Filmes informiert. Dies sollte verhindern, dass die Teilnehmenden bereits vor dem Film „Kritiken“ zum lesen und ihre Meinung dadurch beeinflusst wird.

Im Anschluss an den Film nutzten die Teilnehmenden für die Filmkritik einen von der Inklusiven OT Ohmstraße entwickelten Bewertungsbogen für Medienprodukte. Auf dem Bewertungsbogen werden acht Vielfaltskategorien aufgelistet, die mit individuellen Bewertungsabstufungen versehen sind.

Sehr positiv wurden die Kategorien sozialer Status und Behinderung bewertet. Die 2 Punkte in der Kategorie sozialer Status wurden von den Teilnehmenden folgendermaßen begründet: „Es ist wirklich richtig stark, dass der Film thematisiert welchen Struggle man hat, wenn man zu viel arbeiten muss um Geld zu verdienen. Der Vater wär doch echt gerne mehr zuhause gewesen, aber mit weniger Arbeit hätte der die Familie nicht versorgen können. Dass, die Frau arbeiten geht war keine Option, da sie in ihrem Job weniger verdient. Hier sieht man wieder den Unterschied zwischen Mann und Frau.“

Die Begründung zu den 2 Punkten in der Vielfaltskategorie Behinderung fußt auf der Meinung zwei Teilnehmender mit Autismus Spektrumstörung und somit Expert*innen in eigener Sache: „Der Film Wochenendrebellen greift die Thematik Autismus gut auf und ist ein toller Startschuss um jetzt in die Tiefe zu gehen.“ Besonders wurde von den Beiden die gute Recherche zu Autismus seitens der Regie gelobt und die authentische Darstellung des autistischen Jungen im Film.

Die Teilnehmenden fanden es toll, dass die Geschichte auf einer wahren Begebenheit basiert und im Abspann sogar Autismus definiert wurde und an dieser Stelle auch gegendert.

Leider waren sich aber auch alle einig, dass der Text mit der Erklärung vor dem Abspann viel zu schnell war, um ihn mit Lernschwierigkeiten lesen zu können. Eine Audiodeskription wäre an der Stelle toll und hilfreich gewesen.

Die Teilnehmenden fanden es toll, dass die Geschichte auf einer wahren Begebenheit basiert und im Abspann sogar Autismus definiert wurde und an dieser Stelle auch gegendert. Leider waren sich aber auch alle einig, dass der Text mit der Erklärung vor dem Abspann viel zu schnell war, um ihn mit Lernschwierigkeiten lesen zu können. Eine Audiodeskription wäre an der Stelle toll und hilfreich gewesen.

Im Anschluss an die Filmkritik bekamen die Jugendlichen die Aufgabe einen Trailer zu erstellen. Die Gruppe setzte sich mit der Vielfaltskategorie sexuelle Orientierung auseinander und nutzte Strichmännchen-Zeichnungen für ihren Trailer.

Kontakt und Ansprechpartnerin bei der LAG LM:
Rebecca Hipp, hipp(at)medienarbeit-nrw.de, Telefon: 0203 / 418676-83