Geschichte

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Wie alles begann …

Ein Rückblick auf über 40 Jahre aktive Medienarbeit in NRW

1979 – Der Startschuss fällt

Die 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts: Aktive Medienarbeit und die Idee, Medien für sich und seine Bedürfnisse zu nutzen, stecken noch in den Kinderschuhen.

Obwohl schon Bertolt Brecht in den 1920er-Jahren eine Demokratisierung der Mediennutzung einforderte, dauerte es noch einige Jahrzehnte, bis sich seine Visionen gesellschaftlich durchsetzen konnten. Brechts Idee, den Rundfunk – damals DAS Massenmedium – für die Bürger nutzbar zu machen, war eine innovative Idee. Die Bürger sollten nicht bloße Empfänger, sondern auch Sender sein, sollten die Medien für sich und ihre Interessen nutzen. Es dauerte bis zum Ende der 1960er-Jahre, bis im Rahmen der damaligen gesellschaftlichen Umbrüche die Forderung nach einer Nutzung der Medien durch die Bürger wieder aufkam. Hans Magnus Enzensberger griff Brechts Idee auf, die Bevölkerung an der Medienproduktion zu beteiligen. Die handlungsorientierte Pädagogik und Kulturarbeit der 1970er- und 1980er-Jahre erkannte das Gestaltungspotenzial, und schließlich sollte Dieter Baacke in seiner Habilitationsschrift den Begriff der Medienkompetenz für die nächsten Jahrzehnte im pädagogischen Bereich prägen.

Plakat 1 Wettbewerb Jugend Macht Radio

In diese Zeit fällt auch die Gründung der Landesarbeitsgemeinschaft Lokale Medienarbeit als eingetragener Verein. Die erste Vereinsregistereintragung erfolgte 1979 beim Amtsgericht in Solingen.

Erste Schritte im Ruhrgebiet

Im Dunstkreis des Jugendfilmfestivals Oberhausen, der so genannten Filmothek der Jugend (nicht zu verwechseln mit der heutigen Filmothek der Jugend NRW), das parallel zu den Kurzfilmtagen stattfand, trafen sich engagierte Fachkräfte, um – zunächst im Bereich der Videoarbeit – gemeinsam mehr zu erreichen und zu diskutieren, wie Videoarbeit landesweit organisiert werden könnte.

Das Medium Video war damals noch neu und es gab damit zum ersten Mal die Möglichkeit, Filme ohne größeres Budget zu drehen. Damals waren die Aktiven der Szene durchaus auch politisch motiviert, wollten sich „die Medien Untertan“ machen und Partizipation ermöglichen. Mit Blick auf die Anti-AKW-Bewegung stand politische Arbeit und Bürgerbeteiligung im Fokus des Interesses.

Bei der Gründung der LAG LM im Jahr 1979 waren Videowerkstätten aus Aachen, Wuppertal, Düsseldorf und Oberhausen beteiligt. Es gab Treffen in Oberhausen und Stendal, bevor es in Bochum zu einem ersten Zusammenschluss kam. Im Anschluss engagierte sich Thomas Wingen aus Solingen als Vorsitzender des Vereins. Hier war der Fokus hauptsächlich im Videoverleihbereich, der Vereinssitz wechselte nach Solingen.

Mädchen an einer Kamera

Umzug ins Rheinland

Anfang der 1980er-Jahre zog die LAG Lokale Medienarbeit in die Räume des Jugendfilmclubs Köln (heute JFC Medienzentrum) und wurde dort Untermieterin. Hermann Hanenberg aus Oberhausen (beschäftigt beim Jugendamt der Stadt Oberhausen und von 1990–1995 Vorstandsmitglied der LAG LM) war eine der führenden Figuren in dieser Zeit. Parallel begann Hans-Dietrich Kluge-Jindra 1980 seine Beschäftigung in Oberhausen. Vor seiner hauptamtlichen Betätigung war er selbst zunächst – ebenso wie Hermann Hanenberg – als Jugendlicher engagiert, später dann als Honorarkraft und Mitgründer der Videowerkstatt Oberhausen e.V. Kluge-Jindra wurde Leiter der Filmothek der Jugend, ein Filmfestival, das parallel zu den Kurzfilmtagen in Oberhausen etabliert wurde und sich speziell an Jugendliche wandte.

Eine erste Professionalisierung der Arbeit der LAG LM wurde durch die Einstellung einer Jugendbildungsreferentin in Köln realisiert. Waltraud Blümcke sollte die Aktivitäten der Medienarbeit landesweit unterstützen, bündeln und koordinieren. Bereits damals wurden Projekte wie Jugend macht Radio – der älteste Jugendradiowettbewerb in NRW – landesweit umgesetzt.

1983/84 bestand der Vorstand der LAG LM aus Bernd Hutschenreuter, Eva Pieper, Paul Gaffron und Hans-Dietrich Kluge-Jindra. Der ehrenamtliche Vorstand arbeitete damals noch ohne einen Vorsitzenden und wurde basisdemokratisch geführt.

Neben der Bildungsreferentin Frau Blümcke, die zunehmend die Aufgabe der Geschäftsführung übernahm, wurde Volker Knösche eingestellt, der für die Abrechnung öffentlicher Mittel zuständig war und die Verwaltung übernahm.

Anfang der 1980er-Jahre gab es eine Neufassung des Jugendhilfegesetzes, und der Vorstand überlegte, wie man die Medienarbeit in diesem Gesetz verankern könnte.

Parallel entwickelte sich die Bürgermedienszene und Radiowerkstätten gründeten sich, die die Möglichkeit boten, dass sich Bürger aktiv am Radioprogramm beteiligen konnten. Der Bürgerfunk

und auch die Offenen Kanäle organisierten sich. Teilweise fanden sie ihre Heimat in der LAG LM, teilweise bildeten sich aber auch unabhängige parallele Strukturen in diesem Bereich aus.

Bereits unter der Geschäftsführung von Waltraud Blümcke entstand der Landeswettbewerb Jugend macht Radio, der von Beginn an von der Landesanstalt für Medien (LfM) und dem Jugendministerium gemeinsam finanziell unterstützt wurde. Nach fast 25 Jahren stieg die LfM 2011 aus der Projektförderung aus, und der Wettbewerb konnte dann 2012/13 als 12. Wettbewerb Jugend macht Radio letztmalig mit der alleinigen Projektzuwendung durch das Jugendministerium durchgeführt werden. Der älteste Jugendradiowettbewerb NRWs musste danach leider eingestellt werden, da keine weiteren Zuschussgeber gefunden werden konnten.

Plakate mit Slogan wir können etwas ändern

Die (Medien-)Landschaft NRW

Vom Jugendministerium kam Ende der 90er Jahre der Impuls, Nordrhein-Westfalen in puncto Jugendmedienarbeit besser abzudecken und regionale Schwerpunkte und Ansprechpartner zu etablieren. Da es zum damaligen Zeitpunkt drei landesweite Akteure gab, wurde eine Dreiteilung angedacht, die eine bessere Versorgung NRWs gewährleisten sollte. Dabei sollten schwerpunktmäßig die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) im Osten, das JFC Medienzentrum im Süden und die LAG LM im Westen/Mitte tätig werden.

Die LAG LM verlagerte damals auch aus diesem Grund ihren Sitz nach Duisburg, um das Gebiet besser abdecken zu können. Dies geschah im Jahr 2002. Mit den Räumen im Landschaftspark Duisburg-Nord konnten attraktive Räumlichkeiten an einem Kulturstandort des Ruhrgebiets bezogen werden. Das Team der Geschäftsstelle wurde erweitert, und nach einer Interims-Geschäftsführung durch Norbert Tillmann führte Christa Müller-Neumann von 2001–2003 die Geschäfte der LAG LM. Thomas Daubenbüchel übernahm in dieser Zeit die Verwaltungsaufgaben.

Die Grundförderung durch das Jugendministerium wurde der LAG LM kurz vor ihrem Umzug nach Duisburg bewilligt. Diese Förderung garantiert die Aufrechterhaltung der Geschäftsstelle, die landesweit Veranstaltungen und Projekte durchführt und koordiniert und für Anfragen zur Verfügung steht.

Ein junges Radioredaktionsteam onAir

Die 2000er Jahre

Im Jahr 2003 übernahm Oliver Baiocco die Geschäftsführung der LAG LM bis 2009. Unter ihm wurden innovative Projekte wie Mädchen in Medienberufe (MIM), das Europaprojekt Entimon, intergenerative Projekte wie Wat‘n herrlichet Ruhrgebiet, eines von diversen Filmprojekten der LAG LM, und Funkreif – Seniorenradio in NRW umgesetzt.

Das Team der Geschäftsstelle umfasste teilweise bis zu fünf Personen, und im Rahmen des Umzugs von Köln nach Duisburg wurde 2002 Arnold Hildebrandt eingestellt, der die LAG LM seitdem pädagogisch und organisatorisch unterstützt. Nach Ausscheiden des Kollegen, der die Verwaltungsarbeit unterstützt hatte, wurde im Verwaltungsbereich Jutta Philipps, ausgebildete Buchhalterin, eingestellt und im Bereich Bilanzbuchhaltung weiter qualifiziert.

Zu Oliver Baioccos Zeiten wurden auch die Schriften zur lokalen Medienarbeit entwickelt, die aktuelle Themen der Medienpädagogik aufgriffen und im Eigenverlag herausgegeben wurden.

Seit 2010 ist Dr. Christine Ketzer Geschäftsführerin der LAG LM. Die Erziehungswissenschaftlerin und Medienpädagogin promovierte in Köln zur Bedeutung technischer Kontroll- und Überwachungssysteme für Gesellschaft und Pädagogik und hat zahlreiche Medienprojekte konzipiert und umgesetzt.

Schwerpunkte

Von Anfang an lag der Schwerpunkt der Arbeit der LAG LM im Bereich der Jugendmedienarbeit, und das Jugendministerium war und ist ein Ansprechpartner, der die Arbeit der Geschäftsstelle mit einer Grundförderung als zuverlässiger Förderer unterstützt und uns so unsere NRW-weite Vernetzungsarbeit ermöglicht. Parallel war die LAG LM immer intensiv mit der Bürgermedien-Szene, hier besonders mit dem Bürgerfunk, verbunden. Eine Einbeziehung der Szene war jedoch – aufgrund der thematischen Schwerpunktsetzung der LAG LM – nicht ohne Hindernisse, sodass sich parallele Strukturen in der Bürgerfunk-Szene entwickelten.

Geschäftsführerin der LAG LM im Gespräch mit dem NRW Minister

Ein Ziel der LAG LM war es immer, innovative Medienprojekte in der Jugendhilfe umzusetzen. Diese Tradition besteht bis heute fort. In der inklusiven Medienarbeit hat die LAG LM, gemeinsam mit ihren Kooperationspartnern der Technischen Jugendfreizeit- und Bildungsgesellschaft (tjfbg gGmbH), Pionierarbeit geleistet. Mit dem Netzwerk Inklusion mit Medien – Nimm! konnte ein wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Etablierung von inklusiven Methoden in der Jugendmedienarbeit in NRW geleistet werden- 2015 wurde dafür der Dieter-Baacke-Preis verliehen.

Kooperationen und Zusammenschlüsse

Eine wegweisende Fusion konnte auf Landesebene 1998 mit dem Bundesverband Jugend und Film (BJF) eingegangen werden. Die LAG LM wurde der Landesverband des BJF für NRW. Hier gab es in den vergangenen 15 Jahren immer wieder gute Kooperationen und gemeinsame Veranstaltungen. Regelmäßig finden in Kooperation Filmseminare für Jugendliche und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren statt.

Jugendliche im Saal

Zu Beginn ihrer Arbeit war die LAG LM Mitglied des Landesverbands der kulturellen Jugendbildung (LKJ), mit dem neuen Kinder- und Jugendhilfegesetz im Jahr 1991 wurden Medien Schwerpunkt der Jugendarbeit in NRW und bekamen damit eine eigene Wertigkeit. In diesem Zusammenhang trat die LAG LM aus dem LKJ aus, um sich nun schwerpunktmäßig als Vertreterin der lokalen, außerschulischen Jugendmedienarbeit zu positionieren und sich ausschließlich auf diese Thema zu konzentrieren. Hier war der LAG LM eine kreative und kritische Medienbildung immer besonders wichtig.

Die LAG LM hat darüber hinaus das Medienforum NRW, das seit 1990 in Köln stattfindet, über Jahre begleitet und mitgestaltet. Ein Forum des Austauschs und der Präsentation für die Vertreterinnen und Vertreter der Jugendmedienarbeit wurde 2007 auf der Fachtagung Jugendmedienarbeit NRW geboten, die 2013 in veränderter Form noch einmal durchgeführt wurde.

Infostand der LAG LM

Jetzt und morgen

Die LAG LM hat sich in den letzten Jahrzehnten durch Gespräche mit Politik und Ministerien immer wieder für die aktive Medienarbeit in NRW engagiert. Die (politische) Vertretung der Jugendmedienarbeit vor Ort, das Setzen innovativer Themen und das gemeinsame Durchführen von Großprojekten war und ist Aufgabe der LAG LM. In den vergangenen Jahren konnte diese Aufgabe beispielsweise in der Inklusiven Medienarbeit erfolgreich umgesetzt werden. Besonders aber auch die Regionalen Workshops bei unseren Mitgliedern vor Ort sind eine wichtige Säule der Arbeit. Hier wurde in den letzten Jahren Themen wie soziale Netzwerke, Inklusion und (GEMA-)Freie Musik aufgegriffen und durch Herausgabe von Broschüren ergänzt.

2014 wurde die LAG LM zusammen mit der GMK im Landesmediengesetz verankert. Als Vertreter der „Förderung der Medienkompetenz“ sind diese beiden Institutionen seit 2015 Mitglied der Medienkommission der Landesanstalt für Medien NRW. Den ordentlichen Sitz hat Dr. Christine Ketzer inne. Wir freuen uns, auch auf dieser Ebene mitwirken zu dürfen.

Der Text entstand aus einem Interview mit dem langjährigen ersten Vorsitzenden der LAG LM, Hans-Dietrich Kluge-Jindra, das zu unserem 35jährigen Jubiläum im Jahr 2014 geführt wurde.