Methode Videoredaktion

Aus dem Projekt der Kinder- und Jugendeinrichtung Take Five Bilderstöckchen

Die Methode einer Jugend-Videoredaktion eignet sich besonders gut, um auch jenseits von Sprache in den Austausch zu kommen. Über das Medium Film kann eine Brücke zu gemeinsamen Themen geschlagen werden. Ein weiterer Vorteil: In einer Videoredaktion gibt es viele verschiedene Aufgaben – so können alle Teilnehmenden Tätigkeiten entsprechend ihren Interessen, Bedarfen und Fähigkeiten aussuchen, für die sie während der Projektphase verantwortlich sind.

Projektziele

Mit der aktiven Filmarbeit soll den Teilnehmenden die Möglichkeit geboten werden, ihre ganz persönliche Sicht auf Themen ihrer Lebenswelt kreativ darzustellen und diese gemeinsam zu diskutieren.

Besondere Hinweise zur Arbeit mit Jugendlichen mit Fluchterfahrung
Bei Videoprojekten mit jungen Geflüchteten ist es besonders wichtig, die Persönlichkeitsrechte der Teilnehmenden zu respektieren. Es muss im Vorfeld geklärt werden, wer vor der Kamera gezeigt werden möchte. Wer dies nicht möchte, für die/den finden sich Aufgaben hinter der Kamera.

Wie lässt sich das Projekt auf individuelle Bedarfe, Fähigkeiten und Kenntnisse der Gruppenteilnehmenden anpassen?
Während des Projekts muss eine geschützte Umgebung geschaffen werden, in der ein offener und ehrlicher Austausch stattfinden kann. Die Fachkräfte sollten sich auf ressourcenorientierte Ansätze konzentrieren und eine klare, jugendgerechte Ansprache verwenden. Den Jugendlichen muss auf Augenhöhe begegnet werden, Fachbegriffe müssen verständlich erklärt und ggf. durch Piktogramme und Bilder ergänzt werden. Es ist wichtig, auf die Bedürfnisse der einzelnen Teilnehmenden einzugehen und sie selbst entscheiden zu lassen, welche Aufgaben sie im Projekt übernehmen möchten. Klar ist für alle Beteiligten: Jeder junge Mensch, der am Projekt teilnimmt, wird respektiert und geschätzt. Jede einzelne Person spielt eine bedeutsame Rolle und trägt ihren Teil zum Projekt bei.

Organisatorische Infos

Zeitplanung
Die Zeitplanung für die Durchführung richtet sich nach den jeweiligen Projektzielen. Steht eher das fertige Produkt im Vordergrund, eignet sich das Projekt sehr gut für kurze Zeiträume. Man kann die Methode auch über einen längeren Zeitraum umsetzen: So entstehen weitere Möglichkeiten, stärker in Beziehung zu treten und auf diese Weise nachhaltig Integration zu fördern. Die Gruppe der Offenen Tür Take Five in Köln-Bilderstöckchen hat sich dafür entschieden, ein halbes Jahr in der Videoredaktion zu arbeiten. Gerade bei längeren Projekten ist es sinnvoll, regelmäßige Gruppentreffen einzuplanen, um den aktuellen Stand zu besprechen und ggf. Anpassungen vorzunehmen. Dadurch kann sichergestellt werden, dass wirklich alle am Prozess beteiligt und dauerhaft mitgenommen werden.


Empfohlene Teilnehmendenzahl und Betreuungsschlüssel
Die Videoredaktion kann eine größere Gruppe von bis zu 20 Teilnehmenden umfassen, was insbesondere Diskussionsrunden sehr spannend machen kann. In der aktiven Einzelarbeit, z. B. beim Videodreh, sind fünf bis maximal acht Teilnehmende zu empfehlen. Dafür sollte ein Betreuungsschlüssel von ein bis zwei Fachkräften angesetzt werden.

Räumliche Voraussetzungen
Es wird ein Raum für einen Sitzkreis oder zusammengeschobene Tischgruppen benötigt. Außerdem braucht man genügend Platz, um die verschiedenen Materialien und das technische Equipment im Raum zu verteilen. Unterschiedliche Drehorte (auch außerhalb der Einrichtung) machen den Filmprozess noch spannender.

Folgende Technik wird benötigt:

  • Spiegelreflexkameras bzw. Smartphones auf dem aktuellen Stand der Technik
  • ein oder mehrere Mikrofone
  • Computer/Laptops/Tablets mit leicht bedienbarer Videosoftware, wie z. B. iMovie, inShot, CapCut
  • WLAN-Zugang

Durchführung der Methode

Storyboard

Einstieg
Zu Beginn eines Projekts ist es ratsam, den Jugendlichen zu vermitteln, dass es kein „richtig“ oder „falsch“ gibt. Diese Botschaft schafft einen sicheren Raum, in dem Ideen ohne Angst geäußert und einfach ausprobiert werden können.
Sprachbarrieren können z. B. durch das Erstellen von Storyboards oder das gemeinsame Recherchieren überwunden werden. Am Anfang des Projekts ist es empfehlenswert, ein gegenseitiges Kennenlernen der Teilnehmenden zu ermöglichen.
Anschließend kann ein Überblick über das Projekt gegeben werden, z. B. in Form eines Plakats, das mit Piktogrammen und Bildern ergänzt wird, um sprachliche Hürden abzubauen.

Außerdem empfiehlt sich das Erstellen einer Mindmap – einer grafischen Darstellung der Planungsschritte mit kurzen Stichpunkten, Bildern und Skizzen –, auf der die ersten Ideen zum Videoprojekt gesammelt werden. Sobald ein Thema festgelegt wurde, beginnt die Recherche. Dafür kann z. B. ein Laptop an einen Beamer angeschlossen werden, um gemeinsam zu recherchieren und die Suchergebnisse zu besprechen.

Info: Das Storyboard ist eine zeichnerische Version eines Drehbuchs und zeigt mit Zeichnungen oder Bildern, wie die Aufnahme später aussehen soll.

Durchführung
Nach dem Einstieg erfolgt der Aufbau der Videoredaktion. Es werden Arbeitsgruppen gebildet und Verantwortlichkeiten verteilt, z. B. Kameraführung, Videoschnitt, Darsteller*innen, Musik. Dabei ist es wichtig, den Jugendlichen selbst die Entscheidung für ihren Verantwortungsbereich zu überlassen und ggf. zu helfen, wenn sich jemand nicht sicher ist, was sie/er gut machen kann. Anschließend folgen:

  • Planung der einzelnen Filmszenen (z. B. über die Erstellung eines Storyboards)
  • Drehorte suchen
  • Drehtermine planen, festlegen und durchführen
  • Bei Projekten über einen längeren Zeitraum: Regelmäßige Redaktionssitzungen, in denen gemeinsam die Fortschritte des Projekts miteinander besprochen und die nächsten Schritte geplant werden
  • Regelmäßiges Sichten und Anhören der Video- und Audioaufnahmen

Wenn alle Aufnahmen gemacht sind, folgt die Nachbereitung:

  • Auswahl der einzelnen Audio- und Filmsequenzen
  • Montage der Aufnahmen
  • Einfügen von Videoeffekten, Blenden und Bildübergängen
  • Erstellung von Intro und Outro des Films

Empfohlener Abschluss
Nach Abschluss der Videoerstellung ist eine Videopremiere (ggf. mit Snacks und Getränken) mit allen Beteiligten in einem geschützten Rahmen empfehlenswert. Wenn die Teilnehmenden einverstanden sind, können dazu auch Verwandte und Freunde eingeladen werden, denen dann mit Stolz das fertige Video gezeigt wird. Dies fördert das Gefühl von Selbstwirksamkeit und bietet Erfolgserlebnisse. Nachdem das finale Video gemeinsam angesehen wurde, sollte eine Feedbackrunde mit allen Teilnehmenden des Projekts durchgeführt werden. Wenn alle Beteiligten ihre Einverständniserklärungen unterzeichnet haben, kann das Video auf Social Media oder anderen Plattformen, wie dem Lern- und Lehrsender NRWision, veröffentlicht werden. Optional kann gemeinsam mit der Gruppe ein Veröffentlichungstermin festgelegt und ein Plan zur Bewerbung des Films besprochen werden.

Persönliches Fazit Christian Schons
stellvertretende Leitung Take Five
Der Einstieg über eine Mindmap ist eine empfehlenswerte Methode, genau wie das Erstellen von Storyboards und das gemeinsame Recherchieren. Die regelmäßigen Redaktionssitzungen, bei denen die ersten Ideen mit den bereits durchgeführten Arbeitsschritten verglichen wurden, ermöglichten allen Teilnehmenden, den Fortschritt ihrer Ideen und Skizzen bis hin zur Realisierung zu erkennen. Während der Aufnahmesituationen fühlten sich die Einzelnen sicher, da sie zuvor die Szenen selbst skizziert und besprochen hatten. Gerade die Nachbereitung war sehr zeitintensiv, und es war nicht immer einfach, bestimmte Arbeitsschritte auf Einzelne zu übertragen. Das lag vor allem daran, dass die Jugendlichen das Videoschnittprogramm und die Funktionen noch nicht wirklich kannten und manche Aktionen eine gewisse Erfahrung benötigten. In zukünftigen Projekten werden wir versuchen, Programme zu nutzen, die auf Smartphones funktionieren und einen ähnlichen Aufbau wie die Videobearbeitungen in den sozialen Medien haben. Da die Jugendlichen sich tagtäglich mit den sozialen Medien auseinandersetzen, könnten diese Apps für sie deutlich zugänglicher sein. So könnten die Teilnehmenden noch eigenständiger arbeiten und auch nach dem Projekt mit ihren eigenen Geräten Filme und Videos drehen.