Praxistipps

Denkanstöße, hilfreiche Tipps und Informationsangebote für die aktive Medienarbeit mit jungen Menschen mit Fluchterfahrung

Inhalt


Personen- und Datenschutz

  • Einverständniserklärungen für die Verwendung von Bild- und Tonaufnahmen der Beteiligten einholen. Formulare ggf. in mehreren Sprachen anbieten. Bei Minderjährigen müssen diese von den Erziehungsberechtigten unterschrieben werden
  • Auf die Sicherheit der Teilnehmenden achten, ggf. keine Gesichter und Namen veröffentlichen oder mit Pseudonymen arbeiten
  • Alternativ ein Projekt wählen, bei dem die Teilnehmenden nicht zu sehen oder zu erkennen sind, um deren Identität zu schützen. Geeignete Möglichkeiten: Trickfilm, Comic, Stop Motion mit Knete oder Figuren, Verkleidungen oder Maskierungen

Zeitplanung

  • Flexible Angebote, da nicht von einer kontinuierlichen Teilnahme über mehrere Tage oder gar Wochen ausgegangen werden kann
  • Zeit für Austausch zwischen den Jugendliche einplanen
  • Festes Team an Ansprechpersonen, um Vertrauensbasis aufbauen zu können

Teilnehmenden-Akquise

  • Institutionelle Partnerschaften mit Einrichtungen, die bereits Kontakt zur Zielgruppe haben, und ein
    gutes Netzwerk innerhalb der Kommunen können helfen, in Kontakt mit jungen Menschen mit Fluchterfahrung zu kommen
  • Werbung für das eigene Angebot in den umliegenden Unterkünften sowie in Förderklassen an Schulen machen
  • Austausch mit Kolleg*innen, die tagtäglich mit Geflüchteten arbeiten
  • Interkulturelle Feste und Begegnungen organisieren
  • Die Menschen persönlich in Flüchtlingsunterkünften und im Stadtteil abholen
  • Mit den Eltern Kontakt aufnehmen, damit diese wissen, wo etwas angeboten wird. Dafür können Flyer und Projektbeschreibungen in unterschiedlichen Sprachen gedruckt werden
  • Mitarbeitende fortbilden und multiethnische Teams bilden
  • Einfache und jugendgerechte Ansprache
  • Kurze Videos, die ähnliche, bereits abgeschlossene Projekte vorstellen
  • Austausch mit Jugendlichen fördern, die schon an solchen Projekten teilgenommen haben

Sprachbarrieren überwinden

  • Übersetzungshilfen findet man auf der Homepage von Refugee Phrasebook: Grundschatzvokabular sowie medizinisches und juristisches Vokabular in 44 Sprachen. Außerdem bietet die Seite eine Übersicht rund um Sprachlern-, Übersetzungs- und weitere Apps für Geflüchtete – www.refugeephrasebook.de
  • Symbolkommunikation/Piktogramme: Kommunikation mit universell verständlichen Symbolen – www.piktobuch.kollektivdesign.com
  • Begriffe in Leichte/Einfache Sprache übersetzen
  • Langsames Sprechtempo, deutliche Aussprache
  • Übersetzer*innen einsetzen, dies können z. B. auch Kinder und Jugendliche im Projekt sein
  • Filme sollten mit Untertiteln und Audiodeskription versehen werden, ggf. auch in verschiedenen Sprachen. So haben die jungen Geflüchteten nicht das Gefühl, herauszustechen, wenn sie die Sprache noch nicht fehlerfrei beherrschen, und der Film kann auch von Menschen mit Hörbeeinträchtigung und Sehbeeinträchtigung gesehen und verstanden
    werden. Man kann z. B. bei YouTube automatisierte Untertitel in verschiedenen Sprachen erstellen lassen
  • Darauf achten, dass Untertitel und Hintergrund genug Kontrast haben, damit die Untertitel deutlich zu lesen sind (über www.leserlich.info können Kontraste getestet werden)
  • Weitere Tipps und Anleitungen zur Erstellung von Untertiteln und Audiodeskriptionen sind unter www.nimm-akademie.nrw/foto-video/foto-video-barrierefrei/ zu finden

Wichtig zu wissen ist, dass alle Apps, die mit Spracheingabe und -erkennung funktionieren, eine gute Internetverbindung benötigen, und dass das Gesagte an Server weitergeleitet wird.


Aktive Projektarbeit

  • Grundsätzlich sind kulturelle Offenheit und Begegnung auf Augenhöhe zentrale Voraussetzungen für die Arbeit mit jungen Menschen mit Fluchterfahrung
  • Zu Beginn des Projekts sollten gemeinsam mit den Jugendlichen Regeln für das Miteinander festgelegt werden, die von allen getragen werden. Das ist gerade bei Teilnehmenden aus unterschiedlichen Kulturen wichtig
  • Die Regeln sollten für alle klar und verbindlich sein, Konsequenzen bei Missachtung müssen im Vorfeld transparent gemacht werden
  • Bei Projekten mit jungen Geflüchteten sollte davon abgesehen werden, ein Handyverbot auszusprechen oder das Handy als Sanktion einzuziehen. Besser ist es, darum zu bitten, die Handys auf lautlos zu stellen, und feste Handy-Zeiten mit den Jugendlichen abzusprechen
  • Es sollten stets verschiedene Aufgaben innerhalb der Projekte bereitstehen, um die Heterogenität der Gruppe sowie die unterschiedlichen Bedarfe, Fähigkeiten und Kenntnisse zu fördern und zu stärken
  • Nur für das Projekt relevante Apps freischalten und ggf. andere Apps auf Tablets für die Benutzung sperren
    • Auf iOS-Geräten können in den Einstellungen Apps für die Benutzung gesperrt werden
    • Bei Android-Geräten können eingeschränkte Profile für Mitnutzende eingerichtet werden. Anders als bei den normalen Nutzerkonten kann man hier den Funktionsumfang stark einschränken
  • Kleine Anreize schaffen: z. B. bei erfolgreicher Teilnahme Urkunden oder Bescheinigungen ausgeben oder die Perspektive bieten, am Ende eines Projekts ein konkretes Ergebnis erstellt zu haben, wie z. B. eine fertige Bewerbungsmappe
  • Rückzugsmöglichkeiten anbieten und Pausen einbauen, z. B. Phasen, in denen in Einzelarbeit gemalt oder gebastelt wird
  • Wichtig für die pädagogische Arbeit ist es außerdem, dass die Teilnehmenden als Jugendliche und entsprechend ihrer Interessen wahrgenommen werden, und nicht basierend auf ihrer Herkunft oder ihrer Kultur. Die jungen Menschen mit Fluchterfahrung können nicht nur Traumata haben, sondern weitere Einschränkungen mitbringen, wie fehlende Alphabetisierung, Zeitmangel wegen behördlicher Termine oder die Verantwortung, als Mittler zwischen den Eltern und Behörden zu agieren

Tipp: Eine niedrigschwellige Lösung, um Jugendliche mit Fluchtgeschichte zu erreichen, sind Computerspiele. Sie eignen sich gut als Einstieg in ein Projekt. Hierbei können Kinder und Jugendliche durch gemeinsames Spielen Spaß haben und einander kennenlernen. Entspannung und Entlastung vom Alltag stehen im Vordergrund. Darüber hinaus lassen sich über pädagogisch betreute Computerspielangebote auch sehr gut Kontakte initiieren, da Computerspiele oft ohne Sprache funktionieren. Gemeinsames Kochen und Essen eignet sich ebenfalls für einen Einstieg und kann verschiedene Kulturen zusammenbringen.


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